Als ob die Ohren geklingelt hätten: Nur einen Tag, nachdem wir beim BMVZ-Arbeitstreffen einen lebhaften Austausch zu den (vielfach ungelösten) organisatorischen Herausforderungen rund um das KIM-Adressverzeichnis und die praxisseitige Gestaltung von eArztbrief-Empfang und -weiterleitung geführt hatten, vermeldete die KBV am 25. April eine relevante Arbeitserleichterung – zumindest bei der Adressdatensuche via KV-Safenet. Denn, KV-Kollegensuche und KIM-Adressbuch sind nun miteinander verbunden, was zwar überhaupt nichts an den Geburtsfehlern des Verzeichnisdienstes (VZD) ändert, aber zumindest das Finden von Adressdaten der Kollegen künftig einfacher macht. Kurz gesagt, gibt die KV-Kollegensuche auch die KIM-Adressen von Ärzt:innen aus, sofern diese über eine solche verfügen und der Suchende den extra-Button dafür drückt. Und da die KV-seitige Suchmaske deutliche komfortabler ist, als die VZD-eigenen Features und z.B. die Suche allein anhand einer LANR oder BSNR erlaubt, liegt hierin bereits die Verbesserung. Hinzu kommt, dass die Kollegensuche – anders als beim VZD – im Layout unabhängig von der Praxissoftware stetig gleich und mit gleichen Funktionalitäten daherkommt.
Was einerseits gut ist, legt aber gleichzeitig auf frustrierende Weise den Finger in die Wunde:
KIM hat eine Reihe Geburtsfehler, die nicht nur das Auffinden von KIM-Adressen der Kollegen schwermacht, sondern die gerade komplexe Praxisstrukturen – jede für sich – dazu zwingt, über Prozesse und Personaleinsatz im KIM-Kontext gezielt nachzudenken. Und diese Problematik wird durch die neue 'Krücke', die die Verbindung zur Kollegensuche bietet, nicht angegangen. Tatsächlich schreibt die KV Thüringen auf ihrer Hilfeseite über die VZD-Suchmaske vielsagend: "Mit einem Klick in die Auswahlliste entscheiden Sie, wohin der elektronische Arztbrief gehen soll. Diese Auswahlliste kann man offenbar beliebig unfreundlich gestalten." (~ Quelle). Darüber hinaus gibt es eine Reihe im Praxisalltag relevante Punkte bei der Nutzung von KIM, bzw. bei der Anlage von KIM-Adressen zu beachten – gerade weil die KIM-Funktionalitäten trotz der Unzulänglichkeiten künftig immer wichtiger werden.
Ein Eintrag im Ti-Verzeichnisdienst wird für eine Betriebsstätte immer dann automatisch und standardisiert angelegt, sobald eine SMC-B in Betrieb genommen wurde. Selbiges gilt für einen Arzt oder Heilberufler, sobald ein persönlicher eHBA aktiviert wird. Es gibt somit sowohl Einrichtungs- als auch Personeneinträge. Für beide gilt: Mit dem automatischen Eintrag im Verzeichnisdienst (aka Adressbuch) ist jedoch keine Vergabe einer KIM-Adresse verbunden. Die muss gesondert beantragt werden und ist kostenpflichtig. Praxen, bzw. MVZ benötigen dafür einen KIM-Dienstleister, von denen die gematik derzeit über 70 zugelassene listet (~ zur Übersicht). Außerdem gilt: Laufen eHBA und SMC-B nach fünf Jahren ab, muss von der Praxis neu nachgedacht oder zumindest Obacht gegeben werden. Denn jeder Verzeichniseintrag ist an die jeweilige Telematik-ID gebunden – von der gegebenenfalls mit der neuen Karte eine neue generiert wird. Die mit dem bisherigen Eintrag verknüpften KIM-Adressen müssten dann über den praxisindividuellen KIM-Anbieter auf die neue ID übertragen werden. Wird das nicht beachtetet, sind Informationsabbrüche vorprogrammiert. Aufgrund der vielen Anbieter und Akteure war es uns nicht möglich, über das konkrete Verfahren Näheres in Erfahrung zu bringen. Deshalb gilt: Sprechen Sie rechtzeitig vor Ablauf des 5-Jahres-Zeitraumes Ihren KIM-Dienstleister aktiv auf die Antragsbesonderheiten und Umstände bei Nachfolgekarten an.
Neben allen anderen Problemen hapert es dabei im VZD besonders häufig bei BAG und MVZ mit vielen Ärzten und mehreren Fachrichtungen an der Dateneindeutigkeit. Dies liegt zum einen daran, dass drei verschiedene Stellen die Daten einpflegen: KV für SMC-B, LÄK für eHBA, KIM-Dienstleister für die KIM-Adresse. Zum Anderen ist nur die KIM-Adresse überhaupt (und nur in Teilen) frei durch den Antragsteller definierbar. Der Adressaufbau folgt dabei diesem Schema: xyz@Anbieter-Kennung.KIM.telematik. Für den vorderen Teil (XYZ) findet man folgenden Tipp: 'Seien Sie erkennbar, jedoch nicht kreativ - aber auch nicht datensparsam. Wählen Sie ggf. einen längeren Namen, der Ihre Einrichtung eindeutig identifizierbar macht.' Die eigentlichen Verzeichnisdaten werden dagegen von KV und LÄK stumpf aus den Zulassungs-, bzw. Antragsdaten übernommen. Bekanntermaßen sind gerade aber die im Zulassungsverfahren verwandten Praxisnamen oft wenig hilfreich für eine gute Findbarkeit. Die KV Bayerns schreibt hierzu: „Änderungen des Praxisnamens sind nur möglich, wenn fehlerhafte Praxisnamen in unserem Arztregister vorhanden sind. … Es ist nicht möglich, Wunschnamen zu hinterlegen.“ (~ Quelle | im PDF Seite 4)
Außerdem stellt sich die Frage nach dem sinnvollen Einsatz von persönlichen und einrichtungsgebundenen Postfächern. Allenthalben kann man hierzu lesen, dass eine auf den SMC-B bezogene Einrichtungsadresse pro Praxis ausreichend sei – z.B. bei der Gematik selbst: „Grundsätzlich genügt pro Praxis eine Adresse, welche an die SMC-B gekoppelt ist. Man kann aber je nach Bedarf weitere E-Mailadressen einrichten.“ (~ im FAQ | Frage 3) Aber was für die Einzel- oder Zweierpraxis ein wirklich guter Tipp ist, muss es nicht ebenso für komplexe Strukturen sein. Im Gegenteil. Allerdings geht im Grunde kein auf den ambulanten Bereich gerichtetes Handout auf diese Problematik ein. Da sich dieselbe Frage allerdings für Krankenhäuser stellt, die künftig ebenfalls an die Ti angebunden sein müssen, empfehlen wir unbedingt einen Blick in das Ti-Handbuch für Kliniken (~ PDF öffen, zum Thema ab Seite 32). Dort wird auf den Aspekt mehrerer SMC-B, die je Einrichtung nebeneinander existieren ebenso eingegangen, wie auf die Sinnhaftigkeit präventiver Ersatz-SMC-B und das Abwägen zwischen persönlichen und Funktionspostfächern. Pro SMC-B können bis zu 100 KIM-Mailadressen eingerichtet werden.
Um den Kreis zu schließen: Der kollegiale Austausch beim BMVZ-Arbeitstreffen hat ergeben, dass die meisten MVZ auf das Nebeneinander mehrerer Funktionspostfächer setzen und, dass in der Regel eine feste Zuständigkeit definiert ist, welche MFA sich wann und in welchem Turnus um die eingehenden eNachrichten und eArztbriefe kümmert. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass es (bisher) wegen der schweren Findbarkeit von Adressen nicht selten zu fehlgeleiteten eArztbriefen kommt. Aufgrund der besonderen Sicherheitsarchitektur des KIM-Dienstes gibt es jedoch keine Weiterleitungsfunktion o.ä. – wodurch die Zustellung von Fehlläufern z.B. innerhalb eines MVZ von einer Funktionsadresse an die nächste zu einem zeitraubenden Abenteuer werden kann und am Ende wieder im Erstellen eines Papierausdruckes mündet ...!?